Northland – 26.04.

Nachdem uns gestern Nacht irgendein Tier über das Dach gelaufen ist, gab es bis zum Morgen keine weiteren fremden Besuche.

Morgendlicher Stellplatz

Gestern Abend habe ich nicht wirklich drauf geachtet, aber heute bei Tageslicht sehe ich einfach keine Männer- oder Frauen Schilder auf dem Weg zum Klo. Tatsächlich gibt es hier die erste Unisex-Toilette und -Dusche auf unserer Reise. Zumindest auf den Zeltplätzen. Das Wasser ist heiß, alles andere ist egal.

Wir frühstücken, sammeln unsere Badesachen von der Leine ein und fahren nach dem Dumpen los. Heute zieht es uns bis in den äußersten Norden zum Cape Reinga.

Am Rande von Awanui halten wir auf dem Weg kurz bei Kā Uri unearthed. Vor 25 Jahren hat der Inhaber einen 45.000 (!!!) Jahre alten riesigen Kauri-Baumstamm (Kauri wächst nur auf Neuseeland) aus dem Moor gezogen und verarbeitet ihn seitdem. Unter anderem hat er ein 4 Meter langes Stück ausgehöhlt und eine Wendeltreppe eingebaut. Und das Ding ist jetzt im Café/Ausstellungsgebäude eingebaut. Stark. Gänsehaut bei der Vorstellung, durch 45.000 Jahre altes Holz „eine Etage nach oben“ zu steigen. Auch viele andere Exponate sind zu bestaunen, u.a. ein Tisch für 47.000 $. So viel haben wir grad nicht in der Tasche, aber für ein kleines Stück Kauri Holz reicht es noch.

Irres Teil, dieser Baum… diese Treppe innen drin… sehr erdend und ehrfurchteinflößend.

Auf dem SH1 bis zum Cape Reinga sind es 102 Kilometer. Wir wollen die Strecke mit Zwischenstopps auflockern.

Auf ungefähr der Hälfte der Strecke biegen wir rechts ab und fahren noch mal fünf Kilometer gravel road bis zum Rarawa Beach. Wir parken direkt hinter den Dünen, packen unsere Badesachen ein und marschieren los. Wir müssen gleich zu Beginn einen knietiefen Fluss durchqueren, bevor wir dann am weißen Sandstrand stehen. Links und rechts von uns nur eine Handvoll Menschen. Seevögel, insbesondere eine größere Ansammlung von Austernfischern, Sonne und leichtes Wellenrauschen. Ist das toll hier. Wir laufen so zwei Kilometer am Strand Richtung Norden, bis erste Felsformationen auftauchen. Ein älteres Trio macht hier grad Pause und bestaunt mit uns kleine Seesterne. Der Mann legt Hanna einen in die Hand. Dann klettern wir noch ca. 100 Meter über Stock und Stein, bis wir an einem der sogenannten Mermaid Pools stehen, einer natürlichen Badewanne im Felsen, die durch das Seewasser immer wieder gefüllt wird. Hier genießen wir in der Einsamkeit ein kühles Bad wie grazile Meerjungfrauen (mermaids).

„Ich muss auf Toilette… jetzt sofort!“ Und aus ist es mit der Beschaulichkeit. Das Kind macht uns deutlich, dass sie nicht eine Minute mehr aushält. Und wir machen ihr deutlich, dass wir ihr im Wohnwagen gesagt haben, noch einmal auf Toilette zu gehen. Das wird eine Lektion für uns alle drei auf dem Rückweg und eine enge Kiste… mit gutem Ausgang.

Muschelstrand mit Herbst
Eine Horde Austernfischer.

Nach der Aufregung fahren wir erst einmal wieder unspektakulär einige Kilometer weiter auf dem Highway. 15 Kilometer vor Cape Reinga biegen wir diesmal links ab und erreichen nach drei Kilometern gravel road die Te Paki, die riesigen Sanddünen. Für 15$ leihen wir uns ein Surfboard aus und dann geht’s in den weichen, weißen Dünensand. Hanna ist selbstverständlich ohne Furcht voran… bis sie sieht, wie hoch die Dünen sind. Wir marschieren auf eine annehmbare Höhe, legen das Kind aufs Board, verabschieden uns noch von ihr (Quatsch 😂) und mit einem kleinen Stoß rauscht sie auch schon in die Tiefe. Unten angekommen, hält sie den Daumen nach oben. Und sie strahlt. Hat also Spaß gemacht. Jetzt ist der Vater dran. Und hat genauso Spaß. Dann wieder das Kind. Dann der Vater… Es gibt nur ein Problem. Vor der rasanten Fahrt in die Tiefe muss man die steile Düne erst einmal wieder hinaufkraxeln. Und das ist im weichen, nachgebendem Sand gar nicht so einfach. Nachdem wir dreimal den „Anfängerdüne“ hinunter gesaust sind und auch Grit sich einmal getraut hat, klettern wir mühsam auf die 50 Meter Düne. Unsere Kräfte sind da aber auch am Ende. Dafür haben wir von hier einen phantastischen Aus- und Rundumblick über die Dünen bis zum Meer. Hanna und ich rutschen bzw kullern ein letztes Mal in die Tiefe (diesmal ohne Board), bevor wir uns völlig versandet zurück zum Wohnwagen machen. Wir haben in allen Taschen, im Haar, im Telefon und jeder Ritze Sandkörner… aber es war es wert 😎

Unglaubliche Farben. Was hatten wir aber auch wieder für ein Wetterchen an dem Tag!

Ganz schön steil, ganz schön hoch…

Uuuund Schubs…

Natürlich hat den „Spielwütigen“ das Rutschen noch nicht gereicht… es wird weiter Schlitten gefahren mit dem Surfboard…

On the road

Dann geht’s zum Cape Reinga. Erneut ist der Parkgott mit uns, da wir direkt am Beginn des Wanderweges stehen können. Wir bekommen einen Eindruck, wie es hier im Sommer hergehen muss. Der Parkplatz ist nur zur Hälfte mit Reisebussen gefüllt, aber das allein sorgt für einen guten Strom an Menschen.

Wenige Minuten später stehen wir dann auf einer Anhöhe kurz vor dem Leuchtturm. Am (fast) nördlichsten und westlichsten Punkt von Neuseeland. Haben wir nicht grad erst am Slope Point (südlichster Punkt der Südinsel) gestanden? Irgendwie beschleicht mich das Gefühl des nahenden Endes unserer Reise…

Auf dem Rückweg sammel ich das Kind wieder ein. Sie hatte sich auf der Hälfte des Weges an den Rand gesetzt und mit dem Gras gespielt.

Cape Maria van Diemen

Laut Maori-Legende wandern am Cape Reinga die Seelen der Toten über die Wurzeln dieses einzeln uralten auf den Meeresklippen stehenden und nie blühenden Pohutukawa-Baumes in die andere Welt hinüber, um zur spirituellen Heimat Hawaiki zu gelangen.
An dieser Stelle treffen zwei Ozeane zusammen (Tasman Sea und Pazifik)

Die 100 Kilometer zurück nach Awanui fahren wir in einem Stück durch. Schuld ist auch der Eisladen, bei dem wir halten wollten, der aber geschlossen hatte 🙄.

So halten wir noch mal bei Kā Uri unearthed. Bei Eis und Shake überlegen wir uns, wie weit und wohin wir heute noch fahren wollen. Nach dem Sonnen- und Action-reichen Tag wollen wir bald ankommen. Eine halbe Stunde später sind wir in der Nähe von Herekino und fahren auf den Hof vom „The Travellers Hut„.

Gleich nachdem Inhaber Neville, der sooooo nett war und unsere letzten 25$ Bargeld angenommen hat (statt der eigentlich zu zahlenden 30$), werden wir von Vessa, dem zahmen und freilebenden Papageien begrüßt. Mit „up“ fliegt er zu einem auf die Schulter. Hanna ist sofort vernarrt in ihn, aber auf ihre Schulter fliegt er nur einmal kurz. Ist ihm wohl zu niedrig. Grit steigt aus dem Wohnwagen und er fliegt sofort auf ihre Schulter. Der Besitzer nur: „He’s a boy…“ Ahja!-) Er begleitet uns die ganze Zeit bis zu unserem Stellplatz und auch während wir grillen beäugt er uns und knabbert an Hannas Stiften. In der Dämmerung fliegt er weg, zurück in sein Häuschen. Sein Besitzer meinte, wenn Deutsche oder Franzosen zu Besuch sind, sitzt Vessa danach tagelang im Busch und quatscht in der frisch gehörten Sprache vor sich hin.

Vessa hat mich schon beäugt, als ich noch aus dem Wohnwagen aus Photos gemacht habe…

Camper im Sonnenuntergang
Mein Portemonnaie hat er nicht untersucht, aber an Hannas Max-Murmel-Heft, Kroki und unseren alkoholischen Getränken war er sehr interessiert!-)

Feierabend-Bierchen

Bei der wohlverdienten Dusche entfernen wir nicht nur all den Sand, sondern bestaunen auch die selbstgebaute Dusche mit Solarleuchte und mit Gasflasche und Boiler-erhitztem Wasser.

Nach einem weiteren von Grit vorgelesenen Kapitel „Ronja Räubertochter“ ist nur noch Schnarchen zu hören.

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